Die kulinarische Reise von Andreas Caminada

Der Schweizer Drei-Sterne-Koch Andreas Caminada ist nicht nur für seine innovative Kochkunst bekannt, sondern auch für seine Experimentierfreude. In seinem Restaurant auf Schloss Schauenstein in Fürstenau, von wo aus er die Welt bereist, um neue Aromen, Zutaten und die Menschen dahinter zu entdecken, zaubert er kulinarische Köstlichkeiten.

Seit über 15 Jahren ist Andreas Caminada Botschafter von V-ZUG und seit 2003 Pächter von Schloss Schauenstein in Fürstenau, wo er als Chef de Cuisine für das kulinarische Wohl der Gäste sorgt. Das mit drei Michelin-Sternen und im Gault&Millau mit 19 Punkten ausgezeichnete Restaurant zählt seit 2011 zu den Top 50 der Welt. 2025 wirkte er beim Dinner Club mit: Deutschland, eine kulinarische Entdeckungsreise durch verschiedene Länder.

Welche Bedeutung hat Essen für Sie?

Essen und Emotionen sind untrennbar miteinander verbunden. So viele Geschichten ranken sich um das Thema Essen. Ich würde sogar sagen, dass es ein wesentlicher Bestandteil des Lebens ist, da so viele Erinnerungen damit verbunden sind.

Glauben Sie, dass Essen auch Emotionen hervorrufen kann?

Auf jeden Fall! Bestimmte Aromen versetzen mich direkt in meine Kindheit zurück oder erinnern mich an besondere Momente in meinem Leben, und das ist jedes Mal sehr bewegend. Ich liebe zum Beispiel Maluns, ein traditionelles Schweizer Gericht, das meine Mutter immer zubereitet. Und jedes Mal, wenn mir der Duft von Maluns in die Nase steigt, weckt das in mir schöne Erinnerungen. Bei Essen spielt nicht nur der Geschmack eine Rolle. Es geht auch um die Umgebung, um die Menschen und die Stimmung. Und genau das macht es zu einem so emotionalen Erlebnis.

Daran zeigt sich, wie wichtig es ist, Menschen durch Essen zusammenzubringen.

Ja, ich bin wirklich davon überzeugt, dass Essen Menschen verbindet. Zu Hause essen wir immer zusammen mit unseren Kindern zu Mittag und zu Abend. Dabei ergeben sich dann immer gute Gespräche. Die gemeinsamen Mahlzeiten sind der wichtigste Teil des Tages – man sitzt zusammen, unterhält sich und genießt leckeres Essen. Und so ist es auch, wenn man sich mit Freund:innen trifft. Meistens ist es ja so, dass es die Menschen ganz automatisch in die Küche zieht, wenn dort gekocht wird. Hier finden die besten Gespräche statt. Gemeinsam am Tisch zu sitzen und zu essen – für mich gibt es kaum etwas Schöneres.

„Menschen zieht es ganz automatisch in die Küche, wenn dort gekocht wird. Hier finden die besten Gespräche statt. Gemeinsam am Tisch zu sitzen und zu essen – für mich gibt es kaum etwas Schöneres.“ Andreas Caminada

Denken Sie, dass es wichtig ist zu wissen, woher Lebensmittel kommen?

Wenn ich weiß, wer hinter einem Produkt steht und wie viel Leidenschaft hineingeflossen ist, gibt mir das ein gutes Gefühl. Wir arbeiten mit vielen Hersteller:innen zusammen, und es ist einfach toll, zu sehen, wer die Menschen hinter diesen Produkten sind. Ein Beispiel ist Hanspeter Gubser – der einzige Berufsfischer in der Region Walensee. Bei jedem Wetter geht er hinaus in die Natur, um für uns köstliche Forellen, Saiblinge und Felchen zu fangen. Es ist schon beeindruckend, ihn im Winter bei eisigen Temperaturen bei seiner Arbeit auf dem See zu begleiten. Wenn man einen Fisch verarbeitet, von dem man weiß, dass er direkt aus dem Walensee stammt, geht man auch schon gleich anders ans Werk. Und wenn man die Person kennt, die hinter dem Produkt steht, entwickelt man natürlich auch eine ganz andere Beziehung dazu. Je nachdem, wie wir den Fisch zubereiten, wird er eingefroren, gesalzen oder getrocknet. Es ist jedoch immer die Verbindung zu seiner Herkunft, die den besonderen Charakter eines Gerichts ausmacht.

Treffen Sie viele Ihrer Lieferant:innen persönlich?

Ja, ob im eigenen Land oder im Ausland – jedes Produkt hat seine eigene Geschichte, und hinter jedem Produkt steht eine Familie oder ein Unternehmen. Man bekommt so viel von diesen Menschen mit, und so entsteht mit der Zeit eine persönliche Beziehung. In Mexiko hatte ich beispielsweise ein unvergessliches Erlebnis, als ich die Gelegenheit hatte, einen Produzenten von Mezcal zu besuchen, der das Getränk noch auf traditionelle Weise herstellt und zum Mahlen der Agaven Esel einsetzt. Es ist schon erstaunlich, wie viele Produkte und Marken noch immer auf handwerkliche Traditionen setzen. Am meisten beeindruckt mich, wenn ich Menschen treffe, die mit Leidenschaft bei der Sache sind.

„Wenn man die Menschen kennenlernt, sieht, wie sie leben und wie sie ihr Essen zubereiten, ist das meiner Meinung nach eine gute Möglichkeit, um ein Land oder eine Kultur zu verstehen.“ Andreas Caminada

Das heißt, Sie betrachten Essen und kulinarische Erlebnisse sozusagen als Tor, um andere Kulturen zu entdecken?

Auf jeden Fall. Wahrscheinlich ist das sogar am wichtigsten, um ein Land und seine Menschen zu verstehen. Indem man herausfindet, welche Zutaten sie verwenden und wie sie ihre Speisen zubereiten, erfährt man gleichzeitig etwas über ihre Traditionen und ihre Lebensweise. Viele Menschen wählen ihre Reiseziele mittlerweile gezielt nach kulinarischen Gesichtspunkten aus. Und genau aus diesem Grund sind Thailand und andere asiatische Länder bei Köch:innen so beliebt – hier gibt es überall fantastisches Essen. Wenn man die Menschen kennenlernt, sieht, wie sie leben und wie sie ihr Essen zubereiten, ist das meiner Meinung nach eine gute Möglichkeit, um ein Land oder eine Kultur zu verstehen.

Wie bereiten Sie sich auf eine kulinarische Reise vor?

Zuerst recherchiere ich oder frage Freund:innen, die im jeweiligen Land leben, nach Empfehlungen. Tipps von Küchenchefs sind natürlich immer besonders wertvoll. Wenn die Reise für ein Projekt wie Caminada. Das Magazin. ist, haben wir für gewöhnlich eine:n Gastgeber:in, die:der uns vor Ort alles zeigt. Wenn wir privat verreisen, wählen wir ein Land aus, das uns gerade interessiert. Und es gibt immer wieder neue kulinarische Abenteuer zu erleben – diese finden wir entweder im Guide Michelin, mithilfe von Tipps, die wir aus der Region bekommen, oder durch Online-Recherche.

Welches unerwartete Reiseerlebnis hat Sie am meisten inspiriert?

Oh, da gibt es viele! Mal ist es ein Rezept, mal eine bestimmte Technik. Während einer Reise nach Montenegro haben wir einen familiengeführten Bauernhof besucht. Sie haben Honig aus Brennnesseln hergestellt und für uns einen Eintopf nach einer alten Technik zubereitet: Dabei wurde das Gericht mit Asche bedeckt, sodass die Hitze von oben einwirkte und das unter der Asche befindliche Essen langsam schmorte. Diese Art zu kochen hat uns sehr überrascht und begeistert.

Gibt es etwas, das Sie auf Ihren Reisen gelernt haben – mal ganz abgesehen von den kulinarischen Aspekten?

Ich habe gelernt, dass man immer mit Herzlichkeit belohnt wird, wenn man offen dafür ist, auf andere Menschen zuzugehen. Ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie großzügig die Menschen sind. Für mich ist Reisen eine Möglichkeit, neue Kreativität zu schöpfen und mich inspirieren zu lassen. Natürlich ist es eine tolle Sache, sich mit anderen Köch:innen auszutauschen, aber ich glaube, dass es genauso wichtig ist, sich mit Menschen auszutauschen, die sich beruflich nicht mit Kochen beschäftigen. Mit Menschen zu sprechen, erweitert den Horizont und man gewinnt ganz neue Erkenntnisse. Und es ist ganz einfach: Man muss nur zuhören.

Abonnieren Sie den V-ZUG Newsletter

Entdecken Sie gemeinsam mit uns die spannende Welt der V-ZUG News. Durch die Arbeit von Architekten, Designern, Chefköchen, Künstlern und Unternehmern erkunden wir Wege in die Zukunft. Lassen Sie sich von der Schönheit inspirieren, die sich in jedem Detail offenbart – von aktuellen Produktneuheiten über Event-Impressionen bis zu spannenden Geschichten mit interessanten Persönlichkeiten.